About the book
Ein Geheimagent in Ruhestand mit dem Decknamen „Leica“, ebenso genannt „Autor Kim“, ist neunund-sechzig Jahre alt, liest eines Tages seine eigene Traueranzeige in der Tageszeitung und versteht sofort, dass es sich um eine geheime Nachricht seines Chefs „Direktor Kim“ handelt, auch als „Pfarrer“ bekannt. Da-raufhin sucht Autor Kim seine früheren Kollegen „den Fischer“ und „den Schneider“ auf und die drei ma-chen sich auf den Weg zum Chef, der mittlerweile über einhundert Jahre alt sein muss, wenn er nicht gestor-ben sein sollte. Dieser war vor etwa zwanzig Jahren verschwunden, nachdem er verraten worden war, und seitdem waren auch die drei Männer nicht mehr im Dienst. Direktor Kim hat die drei Männer ausgewählt, als sie noch kleine Jungen waren, und zu Geheimagenten ausgebildet.
Die drei alten Männer begeben sich auf eine Abenteuerreise. Unterwegs finden sie immer wieder Hin-weise, die sie zu ihrem Ziel führen, erleben verschiedene Abenteuer, fliegen schließlich nach Amerika und am Ende dieser Schnitzeljagd treffen sie in einer Kirche ihren Ausbilder, der heute tatsächlich als Pfarrer getarnt lebt. Sie bekommen endlich einen Auftrag, wohl den letzten in ihrem Leben: die Ermordung des amerikanischen Präsidenten. Dafür sollen sie einen Mann observieren, bei dem es sich um Oswald handelt, den mutmaßlichen Mörder des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy.
Während der Reise erinnert sich der Protagonist bei verschiedenen Gelegenheiten an seine Eltern. Er war in den Kleiderschrank geflohen und hat die Augen geschlossen, wenn sein Vater wieder mal seine Mut-ter blutig geschlagen hat. In seiner Erinnerung ist sie eines Tages fortgegangen und er fand sie dann in einer Kirche, wobei er indirekt seinen Vater zu ihr führte. Der Vater setzte die Kirche in Brand und die Mutter starb. Jetzt, nachdem der Protagonist seinen Ausbilder wiedersieht, kommt in ihm der Zweifel hoch, ob es wirklich sein Vater gewesen war, der die Kirche in Brand gesteckt hatte, oder ob es nicht vielleicht sein Ausbilder gewesen war. Der Protagonist zweifelt wiederholt an seinen Ex-Kollegen und seinem Ausbilder, ist nicht mehr sicher, ob er die Ereignisse von früher und auch heute richtig versteht; Risse entstehen in den Beziehungen und die Lücken in seinen Erinnerungen werden immer größer. Er weiß nicht, warum der Pfarrer ihn jetzt zu sich gerufen hat bzw. ob er ihn überhaupt gerufen hat. Seine Unsicherheit erreicht den Punkt, an dem er seinen eigenen Erinnerungen nicht mehr vertraut. Alles wird instabil. Schließlich stellt er die Frage, die er die ganze Zeit im Herzen getragen hat: Warum ich? Warum hast du mich ausgewählt? Somit wird seine abenteuerliche Geschichte zu der über einen schwachen Menschen. Seine enorme Unsicherheit geht schließlich auf den Leser über, sodass dieser oft nicht genau weiß, ob es sich bei dem Erzählten um eine Rückblende des Protagonisten handelt oder Fiktion.
Die drei Agenten waren einst beim Geheimdienst und sogar nach Nordkorea geschickt worden, um herauszufinden, wie es Kim Il-Sung gesundheitlich ging. Nun ist aber ein Zeitalter angebrochen, in dem der Spionagekrieg an Bedeutung verliert und Geheimagenten aussterben. Der Protagonist ist heute nicht einmal mehr in der Lage im Stehen zu pinkeln und vergisst auch mal den Namen seiner Frau.
Was sollen diese anachronistischen Antihelden machen, die Sehnsucht nach der Zeit des Kalten Krieges und des Polizeistaates haben und klagen, dass die Menschen von heute keinen Respekt vor der Vergangen-heit kennen? Der Titel „Denn dein ist das Reich“ ist aus dem Gedicht von T.S. Eliot „Die hohlen Män-ner“ (1925) entliehen und in dem Roman irren die drei alten Männer wie Geister in der Realität umher und sind stolz auf ihre Taten in der Vergangenheit. Sie rechtfertigen die Vernachlässigung ihrer eigenen Familie damit, dass sie dem Staat dienen mussten. Durch bestimmte Dialoge und Metaphern lässt sich der Roman hin und wieder wie eine Satire lesen. Gleichzeitig wird beim Leser aber ein gewisses Mitleid mit den Vätern früherer Generationen wachgerufen und es wird die Frage aufgeworfen: Was ist ein lebenswertes Leben?
About the author
Kim Kyung-Uk Jg. 1971, ist in Gwangju in Südkorea geboren, hat Amerikanistik an der Seoul Nationaluni-versität studiert und ist Lehrstuhlinhaber für Kreatives Schreiben an der nationalen Kunsthochschule Koreas. Mit der ersten Erzählung „Außenseiter“ (1993) bekam er den Sakgasegye Preis für Nachwuchsschriftsteller und dann folgten zahlreiche weitere Preise für seine Romane, Erzählungen und Novellen. Sein Grundthema ist die Verständigung zwischen den Menschen und er rezipiert gerne die Popkultur. Daneben wendet sich Kim in seinen Werken gerne der historischen Rezeption mit starkem Gegenwartsbezug zu. Seine Bücher sind bereits ins Englische, Französische und Spanische übersetzt. Der Erzählungsband „Was? Leslie Cheung ist tot?“ ist ins Deutsche übersetzt.
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